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Stellungnahme des Vorstands der GPTG zur aktuellen Diskussion um rituelle Gewalt

Berlin, 31.03.2023

Aufgrund einer Strafanzeige einer ehemaligen Patientin einer Schweizer Klinik, in der den Therapeut*innen der Klinik vorgeworfen wurde, diese Patientin nicht adäquat behandelt zu haben, ist in der schweizerischen und mittlerweile auch der deutschen Medienlandschaft ein deutlicher Anstieg kritischer Berichte in Bezug auf das Thema rituelle Gewalt zu vermerken.


Ein Großteil dieser Berichte betrachtet rituelle Gewalt als ein verschwörungstheoretisches Konstrukt, welches sich vor allem durch vermeintlich unprofessionell durchgeführte, suggestive trauma- und hypnotherapeutische Behandlungstechniken als angebliche Realität bei diversen Klient*innen manifestiert hätte. Diese subjektiven Erlebnisse hätten laut den Berichten jedoch keinerlei Wahrheitsgehalt, denn es sei unbewiesen, dass diese Form von organisierter ritueller Gewalt existieren würde. Im Gegenteil, sei diesen Klient*innen durch die Behandelnden der Missbrauch als falsche Erinnerung (False Memory) implementiert worden.

Auch Mitglieder unserer Traumafachgesellschaft sind tagtäglich in ihrer Arbeit mit Betroffenen konfrontiert, für die diese Erfahrungen äußerst real existieren. Den Umfang und die Häufigkeit dieser Erfahrungen zu negieren, wird der Tatsache nicht gerecht, dass es real aufgedeckte Fälle rituellen und organisierten Missbrauchs gibt (siehe hierzu z. B. www.infoportal-rg.de). Therapeutisch tätigen Personen pauschal zu unterstellen, diese würden ihren Patient*innen den rituellen Missbrauch suggerieren, ist eine für uns nicht hinnehmbare Reduktion eines komplexen Sachverhalts auf ein angeblich unprofessionelles Agieren derselben. Es wird oftmals in Therapien, Beratungen und weiteren Kontexten von Erinnerungen berichtet, lange bevor erste Interventionen vorgenommen werden. Oft sind diese Erinnerungen der ursächliche Grund, eine Therapie in Anspruch zu nehmen.

Eine seriös therapeutisch arbeitende Person wird einem solchem Erleben mit Offenheit und natürlich auch kritischer Reflexion begegnen. Dass es auch falsche Erinnerungen gibt, weiß nicht nur die Gedächtnisforschung, sondern ist selbstverständlich auch therapeutisch ausgebildeten Fachleuten bekannt. Erinnerungen an rituellen Missbrauch deswegen grundsätzlich in Frage zu stellen, halten wir für einen falschen Ansatz.

Die aktuelle Diskussion in Medien und manchen Fachkreisen wird der empirischen Realität häufig nicht gerecht. Statt einer Spaltung weiteren Nährboden zu geben, plädieren wir für eine offene, kritische Auseinandersetzung mit dieser Thematik. Diese sollte sowohl das Wissen um real existierende organisierte Gewaltstrukturen, als auch jenes um mögliche induzierte falsche Erinnerungen beinhalten. Wir distanzieren uns von jeglichen Pauschalisierungen und Generalisierungen in der Betrachtung - auch und vor allem zum Schutze der Betroffenen schwerer organisierter Gewalt, denn diese Personen brauchen einen geschützten Rahmen in dem ihnen ohne Vorbehalte begegnet wird.

Die Vorstandsmitglieder sehen Diskussions- und Forschungsbedarf zu folgenden Aspekten:


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